Wohlstand der KMUs Schuld an fehlender Digitalisierung?
Digitalisierung ist die Herausforderung unserer Zeit, gleichsam scheint sich der Mittelstand auf seinen derzeitigen Erfolgen auszuruhen.
In einem Artikel von David Lauchenauer vom 14.08.2019 auf computerwoche.de wirft dieser die Frage auf, ob es unseren klein- und mittelständischen Unternehmen einfach zu gut gehe und diese sich einfach auf den Erfolgen der Vergangenheit ausruhten und somit wohlmöglich in den „digitalen Dornröschenschlaf“ verfallen würden. Dabei gehe es deutschen KMUs durchaus gut und der Mittelstandsbarometer von Ernst und Young zeige einen so hohen Wert wie nie hinsichtlich der Zufriedenheit mit der Geschäftslage auf. Doch sei dies allem Anschein nach, kein Garant auch die Digitalisierung voranzutreiben. Zwar wachsen Unternehmen hinsichtlich etwa ihrer Mitarbeiterzahl, Investitionen in neue Technologien hingegen kämen dabei immer noch zu kurz. Wir wollen in diesem Artikel zum einen Lauchenauers These durchleuchten und uns im Anschluss der Frage widmen, hat er recht oder gibt es eventuell andere Faktoren, die die Digitalisierung in kleinen und mittelständischen Betrieben stören.
Drei Typen von Entscheidern
Lauchenauer differenziert in seinem Artikel zwischen drei verschiedenen Typen von Entscheidern, die sich, trotz einer breiten Berichtserstattung und der Kenntnis darüber, welche Vorteile die Digitalisierung mit sich bringen kann, dieser weitestgehend verschließen würden.
Zum einen benennt er die Gruppe der Genügsamen, denen der derzeitige Erfolg des Unternehmens ausreiche. Altbewährtes bleibt bestehen, Neues nicht mehr in Betracht gezogen. Dies sei seiner Einschätzung nach sehr gefährlich, denn die Digitalisierung rufe immer mehr Akteure auf den Plan, die sich dort mit modernen Digitalisierungsstrategien behaupten können.
Ferner gebe es jene, die er als Unterlasser betitelt. In dieser Gruppe fänden sich all jene, die zwar um ihren geringen Digitalisierungsgrad wüssten, sich aber eher in Ausflüchte fliehen, anstatt dieses Problem anzugehen. Dabei seien in dieser Gruppe die vermeintlichen Gründe durchaus vielfältig. Kein Budegt, keine Zeit, kein passendes System oder auch eine zu spezielle Unternehmensausrichtung, würden oftmals als Ausflüchte angeführt werden. Er sehe jedoch die Gefahr für diese Unternehmen, dass deren Konkurrenz Wege finden wird, sich diesen Herausforderungen zu stellen und dann vorbeiziehen werden.
Die letzte Gruppe von Entscheidern die er ausmacht sind die Ratlosen. Ihnen läge zwar der Wunsch zur Digitalisierung inne, es fehle jedoch am nötigen Knowhow. Sie sähe vor lauter Digitalisierung den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr und reagieren dann mit einer Art Starre.
Auch Politik verantwortlich
All diese verschiedenen Typen machen es KMUs demnach schwer, sich der digitalen Transformation zu stellen. Doch sehe er neben den Unternehmen selbst, auch die Politik in der Verantwortung, die nötige Infrastruktur zu stellen. Hier sei seiner Einschätzung nach, enormer Nachholbedarf, gerade auf dem Land, aber eben auch in Ballungsgebieten, in denen der Breitbandausbau nur schleppend vorangehen. In seinem Fazit sieht er die Verantwortung im Digitalisierungsprozess daher auch zweitseitig. Zum einen eben beim Staat, der die nötige Infrastruktur stellen muss, aber eben auch bei den Unternehmen, die aus der erfolgsverwöhnten Digitalmüdigkeit endlich erwachen müssten.
Ambitionen da, Fachwissen fehlt
In einer Konzeption von IW Consult zur Digitalisierung der KMU in Deutschland vom März 2018, beschreiben die Autoren, den Stand der Digitalisierung des deutschen Mittelstandes wonach die strategische Bedeutung der Digitalisierung bei den KMUs durchaus angekommen sei. Mehr als die Hälfte der Unternehmen gab in einer Umfrage an, sich im hohen bzw. mittleren Maße mit der Digitalisierung in Bezug auf die Unternehmensstrategie auseinander zu setzen. Nur rund 7% gaben an, sich gar nicht damit zu beschäftigen.
Daraus lässt sich zumindest ableiten, dass Lauchenauers Gruppe der Genügsamen verschwindend gering ist. Vielmehr beschäftigen sich kleine und mittelständische Unternehmen durchaus mit Themen rund um die Digitalisierung. Die Autoren der Konzeption von IW Consult heben indessen die fehlende Kompetenz bzw. das Fachwissen auf Platz eins der Hemmnisse bei der Digitalisierung. Rund 58,4% der befragten Unternehmen gaben dies an, dicht gefolgt von einem noch komplett unerwähnt gebliebenen Hindernis – der unzureichenden Digitalisierung des unternehmerischen Umfeldes, also von Zulieferern und Kunden. 44,1% gaben dies als Grund für fehlende eigene Bemühungen an.
Auch Hersteller müssen Chancen ergreifen
Und in der Tat muss man sich die Frage stellen, wie Digitalisierung in einem Unternehmen klappen soll, wenn das Umfeld diese nicht verarbeiten kann. Was nützt ein modernes intelligentes Warenwirtschaftssystem, wenn die Zulieferer ihre Daten nicht zu Verfügung stellen können, sodass diese verarbeitet werden können? Zudem sind viele Unternehmen hinsichtlich der rechtlichen Grundlagen verunsichert. Wie können beispielsweise Kundendaten hinsichtlich der DSVGO rechtskonform ausgewertet werden. Am Ende ist es wohlmöglich zu einfach den Unternehmen und dem Staat die Schuld an allem zu geben.
Auch die Hersteller von Unternehmenssoftware sind in der Verantwortung all diese Fragen der Kunden proaktiv zu beantworten. Dazu muss deutlich mehr geschult und aufgeklärt werden, sodass Unsicherheiten bereits im Vorfeld geklärt werden können und der Nutzen moderner digitaler Infrastruktur wieder im Vordergrund steht.
15 August 2019
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