PLM in der Modebranche
Product Lifecycle Management (PLM)-Software und das Zusammenspiel mit dem ERP in der Modeindustrie.
Der Unternehmenssoftware-Markt ist groß und vielfältig und bietet so für jede Branche oder Nische geeignete Lösungen, die Betrieben bei der Optimierung ihrer Prozesse helfen. Dies gilt auch für die Textil- und Modebranche. Neben der ERP-Software ist dabei eine Lösung von besonderer Bedeutung in der Industrie: Das PLM-System. Wir beleuchten, worum es sich handelt, welche Funktion es erfüllt und was Unternehmen vor der Implementierung beachten sollten.
Inhaltsverzeichnis
Das Product-Lifecycle-Management
Das PLM (engl. product lifecycle management) bezeichnet ein Konzept, um Produkte über ihren gesamten Produktlebenszyklus hinweg zu verwalten. Somit umfasst es alle Phasen von der ursprünglichen Idee/ Product Development/ Entwicklung bis hin zur Konstruktion und Herstellung, über die Wartung und schließlich auch die Entsorgung.
Fast Fashion
Im Zuge des wachsenden Bewusstseins für die Themen Nachhaltigkeit und Klima rückt vor allem auch die Bedeutung des letzten Schrittes zunehmend in den Fokus. Das Produkt bzw. Kleidungsstück wird über seinen gesamten Lebenszyklus hinweg ganzheitlich betrachtet.
In Zeiten von Fast Fashion & Co. ein wichtiger Ansatz. Doch das PLM dient keineswegs nur dem Klima bzw. Allgemeinwohl. Auch Unternehmen profitieren. Werfen wir dazu einen Blick auf die Entstehungsgeschichte des Product-Lifecycle-Managements.
Entstehung
Die ursprüngliche Inspiration für den Prozess, der heute als Product-Lifecycle-Management bezeichnet wird, ist auf die American Motor Corporation (AMC) zurückzuführen. Das Unternehmen wollte seinen Produktentwicklungsprozess beschleunigen. Aufwand im Bereich Forschung und Entwicklung (F&E) konzentrierte sich vornehmlich auf die Verlängerung des Produktlebenszyklus der Falggschiff-Produkte.
Die Rolle des CAD
Für die AMC war er erste Schritt in Richtung einer schnelleren Produktentwicklung die Einführung bzw. Nutzung eines CAD-Programmes. CAD steht für Computer Aided Design. Diese Lösung sollte die Produktivität der Ingenieure in der Entwicklung steigern; und tat es auch. Moderne CAD-Systeme unterstützen unterschiedliche Arten der Modellierung, sodass es für jedes Anforderungsprofil eine geeignete Lösung am Markt gibt.
CAx-Technologien
Das Computer Aided Design zählt zu den sogenannten CAx-Technologien, wobei das "x" als Platzhalter für unterschiedliche Technologien findet, die in der Produktion Anwendung finden. Neben dem CAD zählt auch das CAM (Computer Aided Manufacturing) zu den CAx-Technologien. Weiterführende Informationen finden Sie im Artikel 2D/3D CAD für die Textilindustrie.
Kommunikationssystem und DMS
Im zweiten Schritt ging es bei AMC um die Einführung eines Systems, welches die Kommunikation und Kollaboration verbessern sollte. Dabei stand vor allem die Lösung von Konflikten im Vordergrund, ebenso wie die Vermeidung kostspieliger technischer Änderungen, welche in Folge der Einführung reduziert werden konnten.
Zentrale Datenbank
Alle Dokumente und Zeichnungen wurden fortan an einer zentralen Stelle/ in einer einheitlichen Datenbank vorgehalten; Stichwort "Single Source of Truth". Weiterführende Informationen zum Thema finden Sie auf der Seite DMS (Dokumentenmanagementsysteme). Da das System so erfolgreich war, wurde es von Chrysler nach dessen Kauf von AMC im gesamten Betrieb ausgeweitet.
Vorteile des PLM
Chrysler gelang es so als einer der ersten Anwender einer PLM-Technologie die Entwicklungskosten deutlich zu reduzieren - zu einem Niveau, welches bis Mitte der 1990er-Jahre der Hälfte des Branchendurchschnitts entsprach. Chrysler wurde zum kostengünstigsten Hersteller der Automobilindustrie. Eine Erfolgsgeschichte, die die Vorteile und Potenziale des Product-Lifecycle-Managements verdeutlicht. Mittlerweile haben sich PLM-Lösungen zu einem zentralen Treiber der Unternehmenstransformation in Betrieben der Produktion entwickelt.
Weitere Vorteile des Product-Lifecycle-Managements:
- Verbesserte Produktqualität,
- Kürzere Zeit bis zur Markteinführung,
- Gezieltes Fluktuationsmanagement (insb. bei saisonalen Schwankungen),
- verbesserte Zusammenarbeit im Rahmen der Supply Chain,
- verbesserte Prognosen,
- Reduzierung der Materialkosten,
- Reduzierung von Abfall/Ausschuss,
- Reduzierung der Kosten in der Prototypen-Erstellung,
- Vollständige Integration von Engineering-Workflows und daraus resultierende Einsparungen,
- Gezieltes Erkennen von Verkaufschancen,
- Vereinfachte, zentrale Dokumentation, auch für Compliance-Anforderungen und
- ein einheitliches Rahmenwerk (Framework) für die Optimierung von Produkten (vgl. Day, 2002, "What is PLM?"; Hill, 2006, "A winning strategy").
Zusammenspiel von SCM und PLM
Wer einen Blick auf die Vorteile wirft, erkennt schnell den Zusammenhang mit dem Supply Chain Management. Wir befinden uns in Zeiten komplexer, global-vernetzter Lieferketten.
Wer als Unternehmen den gesamten Lebenszyklus eines Produktes betrachtet will, muss auch einen Blick auf alle vor- und nachgelagerten Schritte werfen, die außerhalb des eigenen Unternehmens liegen. Entsprechend bedeutsam ist auch das Supply Chain Management für das PLM. Weiterführende Informationen zum Thema finden Sie auf der Seite Supply Chain Management (SCM).
5 Hauptbereiche des PLM
Das Product-Lifecycle-Management lässt sich grob in 5 Kernbereiche unterteilen:
- Das Systems Engineering (SE),
- das Produkt- und Portfoliomanagement (PPM),
- das Produktdesign
- das Manufacturing Process Management (MPM) und
- das Produktdatenmanagement.
Im Systems Engineering (1) geht es vornehmlich um die Koordinierung des Systemdesignprozesses sowie die Erfüllung von Kundenbedürfnissen (siehe CRM). Im PPM (2) geht es um die Verwaltung des Ressourcenmanagements bzw. der Ressourcenzuteilung, die Fortschrittsüberwachung sowie die Planung neuer Projekte.
Im Produktdesign (3) steht die Entwicklung neuer Produkte im Vordergrund, inkl. Prototypen, etc. Hier sind auch die zuvor genannten CAx-Technologien von besonderer Bedeutung. Im MPM (4) geht es um darum, zu definieren, WIE Produkte hergestellt werden.
Es umfasst eine Sammlung unterschiedlicher Methoden und Technologien. Im Produktdatenmanagement (PDM) (5) geht es letztlich um die Verwaltung von Informationen zu Produkten und Dienstleistungen (product data), wobei auch das Change Management von besonderer Bedeutung ist.
Funktionen und Eigenschaften einer PLM-Software
Werfen wir nun einmal einen Blick auf einige, wichtige Funktionen von PLM-Tools. zuvor sollte jedoch herausgestellt werden, dass letztlich jede Product-Lifecycle-Management-Software andere Funktionen und Module umfassen kann. Schließlich variieren auch die Anforderungen von Unternehmen zu Unternehmen. Es handelt sich somit lediglich um eine Übersicht üblicher Funktionen.
Dokumentenmanagement
Wie an früherer Stelle bereits erwähnt spielt das Dokumentenmanagement eine zentrale Rolle im PLM. Es fungiert sowohl als zentrale Informationsquelle, als auch als leistungsstarkes Kollaborationstool. Daten werden gern als Öl oder Gold des 21. Jahrhunderts bezeichnet werden. Umso wichtiger ist es, dass allen Mitarbeitern dieselben, korrekten Informationen zur Verfügung stehen. Eine DMS-Anbindung macht dies möglich.
Digitale Zwillinge (Digital twins) und Prototypen
Digitale Zwillinge (Digital Twins) sind die virtuelle (also digitale) Repräsentation eines Produktes bzw. einer Maschine und seiner Komponenten, welches bereits besteht oder geplant ist. Der digitale Zwilling umfasst alle wichtigen Informationen zum Produkt, inkl. Logik-, Geometrie- und Kinematic-Daten (vgl. iosb.fraunhofer.de, 16.05.2023).
Digital twins werden verwendet, um Leistungsmerkmale des tatsächlichen Produktes vorherzusagen. Im Rahmen des gesamten Lebenszyklus lassen sich Simulationen, Prognosen und Optimierungen fahren. So werden Leistungsmerkmale und potenzielle Fehler erkannt, bevor Unternehmen in tatsächliche Prototypen investieren müssen, wie Siemens berichtet (vgl. plm.automation.siemens.com, 16.05.2023). Eine entsprechend große Rolle spielen digital twins auch im Bereich des Produkt-Lifecycle-Managements.
Projektmanagement
Wer projektbasiert produziert, benötigt nicht nur auf betriebswirtschaftlicher Ebene eine entsprechende Lösung. Das Projektmanagement muss auch im Produktionsprozess bzw. im Produktlebenszyklus-Management abgebildet werden können.
Low-Code
Low-Code hat sich im Bereich der Unternehmenssoftware zu einem echten Trendthema entwickelt. Low-Code-Plattformen ermöglichen es Unternehmen, die Lösungen ohne tiefgreifende Programmierkenntnisse gemäß ihren individuellen Anforderungen anzupassen. Auch im PLM-Bereich gewinnt Low-Code an Beliebtheit.
Weitere Funktionen
Darüber hinaus verfügen PLM-Tools zumeist noch über viele, weitere Funktionen Fach- und Querschnittsfunktionen, wie beispielsweise das Management von CAD-Daten, das Workflow-Management, das Variantenmanagement oder das Anforderungsmanagement (vgl. contact-software.com, 16.05.2023).
Da der Funktionsumfang auch innerhalb dieser Bereiche von System zu System variiert, sollten sich Unternehmen vor der Marktsondierung umfassend mit ihren Anforderungen befassen. Erst, nachdem ein konkretes Anforderungsprofil definiert wurde, sollte die Marktsondierung beginnen. So vermeiden Betriebe Fehlschläge im Softwareprojekt.
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