Wenn ERP-Projekte scheitern
Immer mal wieder taucht ein prominenter Fall eines gescheiterten ERP-Projektes in den Medien auf. Warum diese scheitern und was man hätte besser machen können, hier.
Gerade SAP-Einführungen haben in letzten Jahren viele solcher Schlagzeilen produziert. Ob Lidl, Haribo, Otto, die Deutsche Bank oder zu wie zu Letzt Liqui Moly, überall sollte ein SAP-System helfen und wurde für die Unternehmen zu einer echten Belastungsprobe. Woran ERP-Implementierungen scheitern hat zu meist viele verschiedene Gründe. Wir wollen uns in der Folge einmal einige solcher schiefgegangenen Projekte widmen und dabei herausstellen, warum ERP-Projekte zu meist scheitern, welche Fehler gemacht wurden und was man aus diesen für andere ERP-Projekte für Lehren ziehen kann.
Prominente Fälle vom Scheitern
Warum gerade SAP in der letzten Zeit jedoch so oft in der Kritik stand, könnte an zwei wesentlichen Faktoren liegen. Zum einen änderte SAP die eigene Firmenpolitik in den letzten Jahren grundlegend und pocht auf die Umstellung aller Systeme in die Cloud. Damit verbunden, vermeidliche Startschwierigkeiten und zum anderen werden die Projekte nicht zwangsläufig von SAP selbst durchgeführt, sondern von diversen Partnern. Jedoch spielt die Prominenz von SAP dann durchaus eine Rolle bei der Berichterstattung. Auch andere ERP-Projekte scheitern, jedoch oftmals weniger prominent und damit etwas mehr unter dem Radar der allgemeinen Öffentlichkeit.
Lidls und Haribos Projekte straucheln
In 2018 stolperten gleich zwei große Marken mit ihren SAP-Projekten. Zum einen bei der Lebensmittelkette Lidl, wo ein groß angelegtes Logistik-Projekt abgebrochen wurde, weil es am Ende zu teuer und mit zu wenig Nutzen verbunden war. Zum anderen kämpfte der Süßwarenhersteller Haribo nach der Einführung eines SAP-Systems mit Problemen in der Produktion. Dort wollte man das alte Warenwirtschaftssystem modernisieren, doch seien die Anlaufschwierigkeiten des neuen Systems letztlich größer gewesen, als erwartet. So kam es, dass Lieferungen an Supermärkte ausblieben und das zu einer Zeit in der der Konzern ohnehin mit seinen Absätzen in Deutschland zu kämpfen hatte.
Nur ein Drittel aller Projekte nach Plan
Die Gründe, warum ein Projekt ins stolpern gerät sind wie bereits erwähnt durchaus vielschichtig und von Projekt zu Projekt unterschiedlich. Doch lassen sich immer auch gewisse Parallelen zwischen einzelnen Einführungsschwierigkeiten in Unternehmen erkennen. Zunächst einmal muss festgehalten werden, dass ERP-Projekte gerade in großen Firmen durchaus komplex sind. Eine unzureichende Vorbereitung auf das Projekt seitens der Unternehmen, aber auch teilweise der Lieferanten sorgt dann für Überraschungen während des Prozesses. So kommt es, dass laut der Chaos-Studie der Standish Group (vgl. golem.de) nur rund ein Drittel aller großen IT-Projekte in der vorgegebenen Zeit, im Budget und in der veranschlagten Qualität durchgeführt werden. Die Hälfte der Projekte ist zumindest in Teilen erfolgreich, jedes fünfte Projekt wird gar abgebrochen.
Stetig ändernde Anforderungen
SAP-Projekte sind also nicht besonders betroffen, vielmehr verlaufen diese genau so, wie alle anderen Projekte dieser Art und Größenordnung auch. Die Auswirkungen beim Scheitern sind nur ungleich größer, was an der Verflechtung von ERP-Anwendungen liegt, die auch die betriebswirtschaftlichen Prozesse tangiert. Ein wesentlicher Grund für das Scheitern solcher Projekte sind die sich stetig ändernden Anforderungen an das System. Bei aller Vorbereitung werden während der Einführungsphase immer noch neue Bedürfnisse aufgedeckt. Auch treten während dieser unerwartete Probleme auf, auf die dann reagiert werden muss. Das gefährdet dann Budget- und Zeitpläne und schon gerät ein Projekt ins Straucheln. Um dies zu umgehen, sollte schon im Vorfeld genau festgelegt werden, wie die Grundstruktur aussehen soll. Dann sollte es eine zeitliche Sperre für neue Anwendungen geben, damit der eigentliche Plan erst einmal umgesetzt werden kann, ehe man dann im Anschluss neue Funktionen nachträglich hinzufügt.
Zu großer Umfang bei ERP-Projekten
Ein weiterer Grund betrifft oft den Umfang solcher Projekte. ERP-Systeme haben das Potential Unternehmen in Gänze abzudecken, was zu gravierenden Änderungen in der Arbeitsweise dieser führt. Das kann ein Unternehmen, das sich seit Jahren gegen Innovationen sträubte dann nicht auf einmal verarbeiten. ERP-Systeme werden etwa alle 15 – 20 Jahre grundlegend modernisiert. In dieser Zeit ändert sich unglaublich viel und zig neue Möglichkeiten für jede Abteilung ergeben sich. Jede Abteilung hat dann seine ganz eigenen und oftmals überzogenen Vorstellungen von Modernisierung. Dann werden solche Projekte nicht nur sehr teuer, sondern auch in der Umsetzung immer komplexer.
Schlechte Kommunikation
Auch scheitern Projekte oftmals an der Kommunikation. Unternehmen wissen oft nicht genau was genau sie eigentlich von einem neuen System erwarten können. Bei der Erstellung eines Lastenhefts wird dann auf gängige Termini zurückgegriffen, ohne überhaupt zu wissen, was genau der Lieferant am Ende darunter versteht. Daher empfiehlt es sich, einen Lösungsarchitekten zu benennen, der den Überblick über das gesamte Projekt hat und die Bedürfnisse der Mitarbeiter an den Lieferanten genau übermitteln kann. Ebenso müssen alle Abteilungen die vom neuen ERP-System betroffen sind mit in das Projekt einbezogen werden. Dies sorgt dafür, dass alle wirklichen Bedarfe ermittelt und am Ende umgesetzt werden können. (vgl. Markus Kammermeier vom 05.02.2019 auf golem.de)
16 August 2019
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